Die Buchkantine ist einer der wenigen Läden in Moabit mit einem gemischten Angebot: Buchhandlung und Café. Das gewagte Konzept geht auf, die Kaffeemaschine brummt und die Gäste stöbern in den Regalen. Erfreulicherweise ohne chaotisches Gewusel, denn obwohl beide Geschäfte im gleichen Raum stattfinden, sind die Bereiche gut voneinander abgetrennt.
Die Buchhandlung legt ihren Schwerpunkt auf Belletristik sowie auf Kinder- und Jugendliteratur, aber auch Kochbücher und Bücher über Berlin sind stark vertreten. Die Küche kredenzt alles vom Frühstück bis zum Abendessen – einige Gerichte tragen literarische Namen wie „Adieu Tristesse“. Abgerundet wird das Konzept von sonntäglichen Tatort-Viewings, regelmäßigen Tangoabenden, Lesungen und Bastelveranstaltungen.
Kein Wunder, dass Peter Farber, der leitende Buchhändler, immer alle Hände voll zu tun hat. Telefon und Terminplaner trägt er stets bei sich, genauso wie Freundlichkeit und Kompetenz. Gerade grübelte er über die nächsten Bestellungen, schon ist er im nächsten Augenblick dabei, ein Buch als Geschenk einzupacken. Und wenn Not am Mann ist, scheut er sich nicht, auch mal einen Kaffee zu machen.
Dann setzt sich Peter Farber zu mir und das Interview kann beginnen …
Seit wann gibt’s die Buchkantine?
Seit dem Oktober 2005, also seit neun Jahren. Davor waren wir in der Essener Straße Ecke Bochumer Straße. Vor ziemlich genau drei Jahren, im November, sind wir hierher gezogen.
Was hast du davor gemacht?
Ich war schon immer Buchhändler, nächstes Jahr sind es 40 Jahre. Die Buchhandlungslandschaft in Berlin hat sich sehr verändert, sie war früher wesentlich ruhiger und gesetzter. Sie gehörte dem Mittelstand und es gab keine großen Buchhandlungen wie heute.
Woher kommst du?
Ich bin in Aachen geboren. Dort habe ich auch meine Lehre gemacht und bis zu meinem 28. Lebensjahr gelebt. Aber da die Welt ein bisschen größer ist, als der Stadtrand von Aachen, hat es mich über einen kleinen Umweg nach Berlin verschlagen. Ich bin an einem ziemlich trüben Tag angekommen, war aber sofort begeistert. Jetzt wohne ich im Weißensee.
Was sind deine ersten Moabit-Erinnerungen?
Das Krankenhaus. Ich habe jemanden besucht, der dort lag und so am Rande Moabit kennengelernt, weil ich diesen Teil von West-Berlin noch überhaupt nicht kannte. Ich war dann ein paar Mal in der Perleberger Straße und am Plötzensee, im Freibad. Und das war’s, bis ich meine Bewerbung an die Buchkantine in den Briefkasten geworfen habe. Ich hätte damals nicht gedacht, dass so etwas hier entstehen könnte.
Weshalb steht die Buchkantine hier in Moabit?
Da muss ich für Herrn Herbers sprechen, den Gründer der Buchhandlung. Seine Grundidee war, hier in Moabit, wo er wohnt, seinen Laden einzurichten. Er wollte herausfinden, ob sich das Konzept der Buchkantine lohnen wurde. So hat er eine Umfrage unter den Bewohnern der Umgebung gemacht, um ihre Wünsche und Literaturinteressen herausfinden. Das Ergebnis hat eine gute Orientierung für die Vorauswahl gegeben und sich als ziemlich zutreffend herausgestellt!
Was habt ihr für Kundschaft?
Leute, die in der Umgebung wohnen, gutbürgerlich bis gehoben. Viele im Beruf Vorangekommene und Akademiker, zum Beispiel Lehrer.
Was ist die Motivation eurer Gäste, hierherzukommen?
Sie sind alle sehr lesefreudig und kommen gerne zum Kaffeetrinken hierher. Mittags haben wir eine wechselnde Tageskarte, sodass zwischen zwölf und zwei auch Berufstätige ihre Mittagspause hier verbringen.
Was wird am meisten bestellt?
Sehr beliebt am Wochenende sind unsere Frühstücksteller – eigentlich jeden Tag, aber am Samstag und Sonntag ganz besonders. Auch die Burger und die Flammkuchen werden gerne bestellt. Und natürlich Kaffeegetränke und Säfte, vor allem der Orangensaft und unsere Mischsäfte, die man aus verschiedenen Zutaten zusammenstellen lassen kann.
Wer arbeitet noch in der Buchkantine?
Herr Taudtmann hat als Geschäftsführer die Leitung der Gastronomie übernommen. Es gibt es eine weitere Buchhändlerin, und natürlich das ganze Personal vom Café. Nur die wenigsten wohnen aber in der Umgebung.
Was ist das Kurioseste, was hier je passiert ist?
In Bayern gibt es die Tradition, dass man einen Bierwärmer in das Glas hängt, wenn das Bier zu kalt ist. Wir hatten aber mal einen Gast, der das Problem so gelöst hat, dass er die Brühe seiner Weißwurst in sein Bier gekippt hat!
Moabit war …
… und ist West-Berlin: eine kleine Enklave mit einer erhaltenen Struktur von normalen Geschäften.
Moabit wird …
… leider, fürchte ich, den anderen Bezirken immer ähnlicher, weil der Verdrängungsprozess seitens der Investoren immer weiter geht.
Moabit braucht …
… Normalität, die Mischung, die früher auch in den anderen Bezirken anzutreffen war, und bezahlbaren Wohnraum.